Montag, 16. September 2013

Wieder einmal ein Monat in Nepal

Ich hatte wieder eine gute Zeit in Nepal. Ich bin dankbar und begeistert zu sehen, dass ich jedes Jahr 1-2 Monate nach Nepal reisen und als sogenannte „returning professional“ ein paar Wochen mitarbeiten kann.

Nach einem kurzen Besuch in Pokhara, in der Stadt, in der ich die 2 Jahre gewohnt hatte, bin ich nach Okhaldhunga geflogen. Im Missionsspital dort arbeiten seit einiger Zeit mein ehemaliger Chef und mein ehemaliger Physiokollege aus Pokhara. Es war sehr schön, sie wiederzusehen und wir haben abends viel zusammen diskutiert und gelacht.

Mein Physiokollege schult und begleitet dort nun vor allem die Mitarbeitern staatlicher Gesundheitsposten. Wir  haben zusammen zwei Workshop über Behinderung und über die Integration von Behinderten durchgeführt. Den dritte Workshop hab ich leider mit viel Fieber im Bett verpasst. Das war sehr schade. Es hat mich an Zeiten mit Typhus in Pokhara erinnert. Damals hatte ich etwa folgende Botschaft vernommen: „Gott weiss, was er tut. Und mit Ihm zusammen sein ist das wichtigste, und wichtiger als alles, was ich hier tun kann.“ Daran hab ich mich nun auch wieder erinnert.


Die übrige Zeit hab ich im Spital gearbeitet. Ich konnte einige Tage eine norwegische Physiotherapeutin, die erste in diesem Spital überhaupt, vertreten. Später konnten wir zusammen arbeiten. Das war toll, und sie war sehr froh um fachlichen Austausch. Zudem habe ich den Ärzten und Krankenschwestern Fortbildungen über die Behandlung von Patienten mit Schlaganfall geben können.

Es war das erste mal, dass ich in einem nepalesischen Spital arbeitete, sehr eindrücklich und spannend für mich. Es hat mich sehr gefreut, dass ich dank meinen Sprachkenntnissen problemlos die Patienten behandeln und mit ihnen sprechen konnte. Die Lebensumstände- und die Umstände in diesem Spital- sind gewöhnungsbedürftig. Das Spital liegt in einer sehr abgelegenen, armen Region. Die Patientenschicksale haben mich sehr bewegt.


Aber auch die Besucher sind überall. Es ist manchmal schwierig, sie von den Angehörigen, die sich um ihren Patienten kümmern, zu unterscheiden. Läuft etwas, wird diskutiert oder wenn behandelt wird, ist’s für sie besonders interessant. Die Schar der Zuschauenden kann sich beliebig vergrössern. Diese Leute weg zu schicken hilft nicht. Stehen leere Betten rum, machen die Besucher gerne mal ein Nickerchen auf der bequemen, mit Plastik bezogenen, dünnen Matratze. In Bett Nr. 36 liegt eine Besucherin von Bett Nr. 27. Sie kam gestern zu Besuch. Inzwischen hat sie jedoch ungeplant ihr Baby geboren. Sie  hat nun also ein fast weisses Laken auf der Matratze, eine Wolldecke und eine Bettdecke. Und ein kleines herziges Mädchen, dass sich schreiend beklagt, als es aus all den Tüchern ausgewickelt und 
kurz untersucht wird. Im Bauch war’s viel wärmer. Im Januar hier geboren zu werden ist eine grausig kalte erste Lebenserfahrung. (Ich behandle mit 2 Schichten Thermounterwäsche, T-shirt, dickem Wollpullover und Mütze, und während der Visite trage ich zudem die dicke Daunenjacke...).

Ich habe in diesen Wochen die Abgeschiedenheit gespürt. Ich fühlte mich sehr abgeschnitten und einsam. Zurück in der Schweiz fühle mich wie in einem re-entry. Dabei war ja nur kurz dort. Doch der Luxus hier macht mir nach den drei Wochen in der armen und abgeschiedenen Gegend in Nepal doch etwas Schwierigkeiten.

Sabin