Donnerstag, 5. Dezember 2013

Unterassistent in Bangladesh

Ein lang gehegter Wunsch
Schon als 10 jähriges Mädchen wollte ich am liebsten auf der Stelle irgendwo nach Asien reisen. Ich hatte absolut gar keine Ahnung, was das genau heisst und mit sich bringt, aber ich wusste, dass ich es wollte und das lieber gestern als heute.  Als Teenager wurde der Wunsch auszureisen noch grösser, mein Plan stand fest: Ich werde Krankenschwester und gehe nach Asien. Inzwischen bin ich 10 Jahre älter und werde bald mein Medizinstudium abschliessen. Nach all der Theorie konnte ich es kaum erwarten mit dem praktischen Jahr zu beginnen und schon von Anfang an wusste ich, dass ich im Wahlstudienjahr unbedingt die Gelegenheit packen möchte, um endlich einen kleinen Einblick in das Missionsfeld in Asien zu erhalten. Über einen Freund erfuhr ich von Bea und Xaver Ambauen, die in Bangladesch als Missionare tätig sind. Sie empfahlen mir, mich über Interserve zu bewerben und einen Monat später stand es schon fest: Ich werde für 2 Monate nach Bangladesh in ein Missionspital gehen!


Erste Eindrücke
Dort angekommen bemerkte ich sehr schnell 5 Dinge: Der Verkehr ist grauenvoll, Bangladesh und Indien sind wahrscheinlich die einzigen Länder, wo man auffällt, wenn man nicht knallige Farben trägt und Bangladesh ist heiss, Bangladesh ist heisser, Bangladesh ist am Heissesten. Doch ich wurde sehr herzlich in Empfang genommen von dem ganzen Team und natürlich auch von all den Fröschen, Katzen, Geckos und zu meiner Freude auch von einer eigenen Klimaanlage im Zimmer.

Am folgenden Tag zeigte mir Bea das Spital und ich wurde von allen Seiten (Ärzteteam, Hebammen, Krankenschwestern) mit offenen Armen empfangen. Natürlich ist das LAMB Spital nicht mit einem Schweizerspital vergleichbar, aber sehr schnell wurde mir bewusst, dass die medizinische Versorgung extrem gut und qualitativ hoch war, trotz den eher bescheidenen Mitteln. Natürlich war es ungewohnt, dass Handschuhe und alles Mögliche gewaschen und wieder verwendet werden, aber in Bangladesh wird nichts weggeworfen, es gibt sogar Regenschirmreparateure, etc.


Erfahrungen in der Geburtsabteilung
Im Spital durfte ich auch bald mit anpacken: Operationen assistieren, bei den Sprechstunden und Untersuchungen dabei sein und natürlich durfte ich bei den Geburten assistieren. Der Kreisssaal war für mich das absolute Highlight. Jede Geburt war für mich ein kleines Wunder. Ich durfte insgesamt bei 16 Geburten assistieren, wobei ich praktisch die ganze Geburt unter Anleitung und Assistenz der Hebammen managen durfte. Pressen war mein 4. Wort, das ich in Bengalisch sagen konnte und es war faszinierend zu merken, wie gut man mit Händen und Füssen mit den Patientinnen kommunizieren konnte und wie tiefe Beziehungen sich bilden konnten, trotz den Sprachschwierigkeiten. Eine Patientin, die ich die ganze Geburt über begleitete, fiel mir nach der Geburt um den Hals und bedankte sich über und über bei mir. Obwohl wir uns sprachlich kaum verständigen konnten, durfte ich eine wichtige Rolle in ihrem Leben und in dem Leben von ihrem Baby spielen. Ein weiteres absolutes Highlight war eine spontane Vierlingsgeburt.

Natürlich gab es auch traurige Momente. Ich wurde auch mit dem Tod von Patientinnen und Babies konfrontiert. Man sollte diese Situationen nicht unterschätzen, doch das Positive überwiegt bei weitem. Ich bereue gar nichts und bin sehr sehr sehr dankbar für diese Zeit. Ich fühle mich so geehrt, dass ich bei so vielen Frauen bei diesem lebensverändernden Ereignis teilhaben und sogar mithelfen durfte. Es war mit Abstand das beste Praktikum in meinem Wahlstudienjahr und ich kann es jedermann und jederfrau empfehlen.

Tabea